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Konversion


Einführung zum Thema Konversion

Konversion ist eine traditionelle Kernforderung der Friedensbewegung, da die Forderung der Abrüstung alleinstehend nicht die Bedürfnisse derer, die von der Rüstungsindustrie abhängig sind, berücksichtigt. Besonders in Zeiten von hoher Arbeitslosigkeit und Absatzkrisen kann man nicht mit freier Arbeitsplatzwahl argumentieren, und jungen Leuten, die sich dem Militär oder der Rüstungsindustrie verschreiben, sagen sie hätten sich auch einen anderen Job suchen können und dann die Abschaffung ihrer Existenzgrundlage fordern. In der deutschen Rüstungsindustrie sind bis zu 98.000 Menschen beschäftigt (Überblick über die deutsche Rüstungsindustrie). Dazu kommen 185.000 Bundeswehr Soldaten und 90.000 zivile Beschäftigte der Bundeswehr. Es sind also fast 400.000 Menschen in Deutschland deren Existenzen direkt von bewaffneten Konflikten abhängig sind. Für diese Menschen bietet Konversion eine Alternative.

Bisher war Konversion meistens ein Mittel von Staaten um die Folgen von sinkenden Rüstungsausgaben auf die Wirtschaft zu minimieren. In der Praxis führte diese vermeintlich Förderung von Konversion jedoch dazu, dass Rüstungsunternehmen auftragsschwache Zeiten überbrücken und so weiterexistieren konnten.

Eine friedenspolitisch motivierte Konversion fand in Deutschland bisher nicht statt. Konversion bezeichnet zunächst erstmal die Umwandlung von Rüstungsproduktion zu ziviler Produktion. Der Begriff geht aber noch über dies hinaus und umfasst auch die Demobilisierung von Armeen und damit die Reintegration von Soldaten in die Gesellschaft, Er umfasst die Nutzung militärischer Standorte für zivile Zwecke und auch die Entsorgung beziehungsweise alternative Nutzung von Waffen und militärischen Fahrzeugen.

Konversion kann nur dann erfolgreich sein, wenn es eine Gesellschaftliche Basis gibt die Rüstungsproduktion ablehnt und Unternehmen, unter Einbeziehung der Belegschaft, verpflichtet werden auf zivilie Produktion umzustellen.

Die Notwendigkeit von Konversion lässt sich gut an diesem Artikel der IG Metall bei Cassidian (Jetzt: Unternehmensbereich Defence and Space der Airbus Group) nachvollziehen:

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Wir kämpfen für den Eurofighter

"Wie immer in Zeiten knapper Kassen werden Einsparungen beim Rüstungsetat gefordert. So jetzt wieder geschehen: von einer Überprüfung der Maßnahmen wie Eurofighter und A400M bis hin zu einem Verzicht auf die Tranche III reichen dabei die Forderungen einzelner Bundestagsabgeordneter.

Wir, IG Metall und IG Metall-Betriebsräte im militärischen Luftfahrtzentrum EADS haben dafür kein Verständnis.

Diskussionen um Rüstungsetat

Da werden einerseits Milliardenprogramme zur Rettung der deutschen Wirtschaft aufgelegt, andererseits setzt man mit derartigen Forderungen leichtfertig unsere Arbeitsplätze im militärischen Luftfahrtzentrum aufs Spiel. Der zweite Bevollmächtigte der IG Metall Ingolstadt, Bernhard Stiedl, hat deshalb einen Brief an den SPD-Abgeordneten Rolf Mützenich geschrieben. Mützenich zweifelt an der Sinnhaftigkeit der Eurofighter-Bestellung.

Brief an die Politik

Von einer „populistischen Position im Vorfeld der Bundestagswahlen“ spricht Stiedl in seinem Brief an den abrüstungspoltischen Sprecher der SPD-Fraktion. Gleichzeitig warnt er aber vor dem enormen Wissensverlust, den dieser Verzicht nach sich ziehen würde. Zudem verweist der IG Metall-Funktionär auch auf die zivilen Nutzen wie den Einsatz bei Katastrophenschutz und Verbrechensbekämpfung. Auf keinen Fall, so die Quintessenz, dürfen unsere Arbeitsplätze gefährdet und das Know-how verloren gehen!"[1]

Dazu könnte man erwidern, dass die Beschäftigten in der Rüstungsindustrie diese Stelle bewusst angenommen haben und damit "selbst schuld" sind, wenn ihre Arbeitsstelle aufgrung von Abrüstung gestrichen wird. dazu Paul Schäfer Mdb:

So richtig und notwendig die (nicht nur) moralische Kritik an der Waffenproduktion ist, so darf diese Kritik nicht als „moralische Keule“ gegen die Kolleginnen und Kollegen in den Rüstungsbetrieben und –firmen geschwungen werden. Wer dies tut, sitzt der in bürgerlichen Kreisen gern und vorsätzlich verbreiteten Mär von der „freien Arbeitsplatzwahl“ auf, die mit der Realität nur sehr bedingt zu tun hat. Ja, die Rüstungsunternehmen ziehen Ingenieure, Techniker, Naturwissenschaftler/innen an, weil sie als High-Tech-Unternehmen nicht nur recht gut zahlen, sondern auch, weil sie einen anspruchsvollen Job anbieten. Aber noch immer gilt, dass die Menschen ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, um sich reproduzieren zu können und dabei sieht man zu, wo man bleibt. Es führt also nicht weiter, die gewerkschaftlichen Interessenvertretungen in der wehrtechnischen Industrie als Rüstungslobbyisten anzugehen. Es kommt vielmehr darauf an, das Gespräch über mögliche Alternativen zur Waffenproduktion zu suchen. [2]

Beispiele für Konversion

Der biblische Ausspruch "Schwerter zu Pflugscharen" wird häufig als Sinnbild für Rüstungskonversion benutzt

Konversion in Deutschland

"Als Paradebeispiel für gelungene Konversionsansätze gilt das Bundesland Bremen, das damals (ge- messen am BIP) das Land mit der größten Rüstungsabhängigkeit war, und das den Anteil der wehr- technischen Arbeitsplätze von 9% auf 5% im Jahr 1997 reduzieren konnte. 1992 wurde das Bremer Konversionsprogramm verabschiedet. Allerdings wurden nur etwas weniger als 1% der Rüstungs- Arbeitsplätze durch gezielte Konversion abgebaut! Trotzdem wurden die Einrichtung eines Konversi- onsbeauftragten, die Einrichtung effektiver Kommunikationsnetzwerken zwischen Landesregierung, Unternehmen und Belegschaft sowie ein kleines Finanzierungsprogramm Bremens sehr positiv be- trachtet („Cluster- und Netzwerk-orientierter Ansatz“), weil es Wege und Mittel aufzeigte, wie Kon- version gestaltet werden könnte. Und weil es tatsächlich Unternehmen ermutigt hat, Konversionspro- zesse in Gang zu bringen.

Als zweites Beispiel gilt Brandenburg. Allerdings ging es fast ausschließlich um Konversion militäri- scher Liegenschaften. Die DDR-Rüstungsbetriebe wurden weitgehend schnell und stillschweigend ab- gewickelt. Als ein positives Beispiel wird die BÜCK INPAR GmbH genannt. Sie wurde 1991 von BUCK übernommen, erhielt Aufträge zur Munitionsentsorgung. Dies wurde zu einem Standbein ausgebaut. Gleichzeitig hat man diversifizert und begann Isolierfenster, Bette, Wohnmodule zu bauen. Kurzfristig konnten somit bis 1994 750 Arbeitsplätze gesichert werden.

Aus NRW gibt es das Beispiel EPRO aus Gronau. Es war mit 220 Arbeitnehmern die verlängerte Werk- bank der Rüstungssparte von Philips. 1992 wurde sie an Thompson verkauft und begann, sich auf Sondermaschinen, zivile Meß- und Regeltechnik zu spezialisieren. Schon 1995 waren 160 Beschäftigte im zivilen Bereich tätig – allerdings wurde auch 50% der Belegschaft ausgetauscht. das Land NRW stellte etwa 1,2 Mio. DM zur Verfügung, dazu kamen 1 Mio. DM über KONVER (EU-Förderung)." [2]

Zivile Nutzung von Atomwaffen

Ein anderes Beispiel für Konversion sind die Programme "Megatonnen zu Megawatt" und "Schwerter zu Pflugscharen" bei denen Atomwaffen zur zurückgebaut um das darin verbaute Uran und Plutonium zur Energieerzeugung genutzt werden.[3]

Lucas Plan

In den siebziger Jahren legten die Betriebsräte und TechikerInnen von Lucas Aerospace einen Plan vor, das Unternehmen von Rüstungsproduktion auf die Entwicklung von innovativen und gesellschaftlich sinnvollen umzustellen. Sie entwickelten in nur einem Jahr 150 Prototypen in den Kategorien medizinische Apparate, alternative Energiequellen, Transportsysteme, Bremssysteme, maritime Anlagen und telechirurgische Geräte. Das Projekt scheiterte jedoch am Widerstand der Gewerkschaften und der Regierung. [4]

Weiterführende Informationen

Quellen

  1. http://www.igmetall-cassidian.de/nachrichten/ansicht?&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=1254&cHash=11df9cff1d96f7881ee7102e73dcf8c2&type=98
  2. 2,0 2,1 http://www.paulschaefer.info/PDFs/wehrtechnik_konversion_schaefer.pdf
  3. http://energie-fakten.de/pdf/schwerter-zu-pflugscharen.pdf
  4. http://www.pit-wuhrer.de/kapital/ka_07_02_15_lucas.html


Verfasser: D. R. Maniry