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Antriebe und Zweitverbraucher: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 20. Januar 2014, 21:21 Uhr


Elektromotoren: Potential und Problematik

Grundsätzlich lassen sich alle gängigen elektrischen Maschinenarten (vgl. Arten von Elektromotoren) in Elektrofahrzeugen verbauen. Entscheidend für die Wahl einer bestimmten E-Maschine ist das erwartete Fahrprofil, sowie folgende Kriterien: Kosten, Fertigbarkeit, Wartungsfähigkeit, Recyclebarkeit, Lebensdauer, Leistungsdichte, Wirkungsgrad und Materialauswahl [1]. Fahrdynamisch gesehen haben Elektromotoren gegenüber Verbrennungsmotoren viele Vorteile. Der größte ist sicherlich das konstante Drehmoment über einen großen Drehzahlbereich. Während beim Verbrennungsmotor das maximale Drehmoment nur in einem sehr kleinen, meist relativ hohem Drehzahlbereich vorherrscht, setzen Elektromotoren ihr maximales Drehmoment schon von Anfang an um (vgl. Abbildung 1). Dies bedeutet ein besseres Beschleunigungsverhalten und den Wegfall einer Anfahrkupplung, da Elektromotoren aus dem Stillstand beschleunigen können. Insgesamt kann bei einem Stadtfahrzeug komplett auf den Einsatz eines Getriebes verzichtet werden, da der Elektromotor den benötigten Drehzahlbereich vollkommen abdeckt. Erst bei sehr hohen Geschwindigkeiten (>120 km/h) wird eine Übersetzung benötigt. Das dafür benötigte Zwei-Gang-Getriebe kann aber deutlich einfacher und kleiner ausfallen, als die heute üblichen 6-, 7- oder 8-Gang-Getriebe, welche benötigt werden um den Verbrennungsmotor im optimalen Betriebspunkt zu halten. [3] Anders als Verbrennungskraftmaschinen können E-Motoren zudem im sogenannten 4-Quadranten-Betrieb arbeiten. Darunter wird verstanden, dass die E-Maschine in beide Drehrichtungen als Antrieb und Bremse betrieben werden kann. Gleichzeitig kann sie im Bremsbetrieb auch als Generator verwendet werden, wodurch die Rekuperation der Bremsenergie ermöglicht wird. Allerdings muss diese Energie dann geeignet gespeichert werden [4] Derzeit nutzen die meisten Hersteller wegen des sportlichen Anfahrverhaltens und der hohen Leistungsdichte permanenterregte Synchron- oder Asynchronmaschinen (vgl. Abbildung 2). Diese Maschinen benötigen allerdings Seltene Erden für ihre Permanentmagneten, welche zu über 90% aus China stammen. Da es in China bereits Überlegungen gibt, keine Seltenen Erden mehr zu exportieren, sondern ausschließlich fertige Produkte, also komplette Elektromotoren oder LEDs, werden wohl in Zukunft auch andere Abbaugebiete erschlossen [2]. Seltene Erden kommen zwar in nahezu allen Bodenarten der Welt vor, aber in diesen immer nur in sehr kleinen Mengen, weshalb für eine gewinnbringende Summe dieser wichtigen Metalle riesige Mengen an Erde durchsiebt werden müssen. Diese Abbaugebiete werden auf Grund der dort vorherrschenden niedrigeren Umweltbestimmungen und den damit verbundenen niedrigen Kosten wohl größtenteils in der dritten Welt entstehen [4].


Optimales Spannungslevel des elektrischen Bordnetzes

Die Wahl des Spannungslevels des elektrischen Systems ist ein zentrales Thema bei der Grundauslegung eines E-Fahrzeugs. Wählt man ein niedriges Spannungsniveau von z.B. 60V, so kann einfach sichergestellt werden, dass die Komponenten bei einem Unfall oder unsachgemäßer Handhabung Lebewesen keine schweren Verletzungen zuführen. Allerdings benötigt man dann nach dem Gesetz der Elektrischen Leistung (P = U*I) höhere Ströme, was zu höheren Verlusten in den elektrischen Maschinen und einen höheren Kupferaufwand für das Bordnetz führt. Wählt man jedoch ein höheres Spannungslevel, für welches die meisten Motoren und Halbleiter in der nötigen Leistungsklasse ausgelegt sind, so können die 900 – 1.200V Spannung zu schweren Verletzungen bis hin zum Tode führen. Die gängige heutige Lösung dieses Problems ist ein DC/DC-Wandler, welcher die von Wechselrichter (wird für Asynchronmaschinen benötigt), Bordnetz und Maschinen geforderte höhere Spannung dynamisch erzeugt. Zwar ist auch dieser mit Verlusten behaftete, jedoch sind diese bei Weitem nicht so hoch wie die Verluste durch hohe Ströme. Beim Abstellen des Fahrzeugs oder im Fehlerfall kann der Zwischenkreis schnell entladen werden, dann ist nur noch die niedrige Batteriespannung im System, welche nahezu ungefährlich ist [1].


Leistungselektronik

Die Leistungselektronik wird benötigt, da die Antriebe und Zweitverbraucher (Bremskraftverstärker, Lenkhilfe, Heizung, …) eine hohe Leistung und damit eine hohe Spannung benötigen, die allerdings nicht von den Batterien geliefert werden kann. Akkumulatoren können Strom nur in einem geringen Spannungszustand speichern und abgeben, d.h. das sowohl die Energie für den Antrieb, als auch zurückgewonnene Energie durch Rekuperation umgewandelt werden muss. Gleichwohl wird elektrischer Strom als Gleichstrom in den Akkus gespeichert und muss daher beim Einsatz einer Asynchronmaschine als Antrieb zu Wechselstrom umgerichtet werden. In den letzten Jahren machte man sehr große Fortschritte im Bereich der Leistungselektronik, wodurch mittlerweile Wirkungsgrade von 90% möglich sind. Eine geringere Wärmeabgabe führt allerdings auch dazu, dass eine zusätzliche fossile Heizung benötigt wird (siehe Kap.4). Die höhere Leistungsdichte der Bauteile und der Betrieb der Teile auf immer kleineren Raum führen allerdings zu einer kritischen elektromagnetischen Verträglichkeit. Vor allem andere elektrische Geräte können durch die hohe EMV-Belastung massiv gestört und beschädigt werden, aber auch die Folgen für den Menschen sind noch nicht gänzlich erforscht [1]. Die Folgen von sogenannten Elektrosmog auf den Menschen sind derzeit ein wichtiges Streitthema in der Wissenschaft und sollten daher mit Vorsicht behandelt werden, insbesondere da sich Menschen heutzutage sehr lange in Fahrzeugen aufhalten.


Thermomanagement

Da Elektromotoren einen sehr hohen Wirkungsgrad besitzen (bis zu 90%), produzieren sie nicht mehr genug Abwärme um den Innenraum des Fahrzeugs damit zu beheizen. Aus diesem Grund muss hierfür eine zusätzliche fossile oder elektrische Heizanlage vorgesehen werden. Energetisch gesehen wäre sogar eine fossile Heizanlage vorteilhafter, da elektrische Heizanlagen einen extrem schlechten Wirkungsgrad besitzen und die Reichweite des Fahrzeuges zu stark verringern würden. Für eine fossile Heizung würde man allerdings eine zusätzliche Infrastruktur inklusive Tank benötigen und ein abgeschirmtes Heizaggregat, in welchem das Öl oder das Gas verbrannt wird. Dies wird aus Kosten- und Komplexitätsgründen wahrscheinlich nicht möglich sein. Die Kühlung des Innenraums durch einen Klimakompressor ist hingegen unkritischer wenn auch ebenfalls sehr energieintensiv [2]. Neben dem Innenraum muss zudem auch die Batterie in einem möglichst engen Temperaturfeld gehalten werden um ihre volle Leistungsfähigkeit zu garantieren. Somit ergibt sich sowohl an besonders heißen, als auch an besonders kalten Tagen eine deutliche Reduzierung der Reichweite, da der Klimakompressor oder die Heizanlage dann einen erheblichen Anteil am Energieverbrauch des Fahrzeugs aufweisen. So benötigt man z.B. bei einer Außentemperatur von 4°C eine Heizleistung von 3,6 kW um einen mittelgroßen PKW auf 20°C zu heizen. Um eine gefühlte Temperatur von 20°C zu erreichen muss auf Grund der kalten Teile im Fahrzeug sogar mit einer deutlich höheren Temperatur gerechnet werden. Bei einem Standartheizsystem mit elektrischer Direktheizung würde dies bei der heutigen Technik eine Reduzierung der Reichweite um 25-30% nach sich ziehen. Berücksichtigt man Wärmeverluste durch den Lufttransport in den Kanälen und den Energieverbrauch durch die Lüftung, so ist eine Reduzierung der Reichweite von 40% anzunehmen. Bedenkt man nun, dass die Batterie bei 4°C entweder auch geheizt werden muss, oder deutlich weniger Speicherkapazität aufweisen kann, so sinkt die Reichweite des Fahrzeugs schnell unter 50%. Mögliche Gegenmaßnahmen zu dieser Problematik sind besser Dämmung der Fahrzeugkabine und aktive Wärmerückgewinnung [1].


Ressourcenbedarf

Als Rohstoffe für die Produktion eines Elektromotors wird neben Eisen insbesondere Kupfer benötigt. Bei den permanenterregten Varianten der Synchron- und Gleichstrommaschinen wird zusätzlich noch Neodym als permanentmagnetischer Werkstoff benötigt. Neodym gehört den seltenen Erden an und wird für den Bau leistungsfähiger Magnete benötigt. Derzeit nutzen die meisten Hersteller wegen des sportlichen Anfahrverhaltens und der hohen Leistungsdichte permanenterregte Synchron- oder Asynchdonmaschinen. Diese Maschinen benötigen wie schon beschrieben seltene Erden für ihre Permanentmagneten, welche zu über 90% aus China stammen. Da es in China bereits Überlegungen gibt, keine seltenen Erden mehr zu exportieren, sondern ausschließlich fertige Produkte, also komplette Elektromotoren oder LEDs, werden wohl in Zukunft auch andere Abbaugebiete erschlossen [2]. Seltene Erden kommen zwar in nahezu allen Bodenarten der Welt vor, aber in diesen immer nur in sehr kleinen Mengen, weshalb für eine gewinnbringende Summe dieser wichtigen Metalle riesige Mengen an Erde durchsiebt werden müssen. Diese Abbaugebiete werden auf Grund der dort vorherrschenden niedrigeren Umweltbestimmungen und den damit verbundenen geringfügigeren Kosten wohl größtenteils in der dritten Welt entstehen [6]. Der Bedarf an seltenen Erden, insbesondere an Neodym, würde bei einer Umrüstung des Individualverkehrs auf Elektromobilität auf Grund des steigenden Produktionsaufkommens von permanenterregten Elektromotoren extrem anwachsen. Geht man von einer Wachstumsrate des Elektrofahrzeugmarktes von 26% pro Jahr aus und von einer verbauten Masse von 1kg Neodym (heutzutage üblich) pro Elektroauto, so würde der Anteil des für Elektromotoren benötigten Neodyms an der weltweiten Förderung von derzeit 4,11% auf 1452% im Jahr 2030 steigen (vgl. Abbildung 8). Um also alleine die permanenterregten Elektromotoren für Elektroautos herzustellen, würde man bis 2030 die Abbaumenge von Neodym um das 15 fache der heutigen Abbaumenge steigern müssen.

Bedarf an Neodym.jpg Abbildung 1: Erwarteter Anstieg des Neodym Bedarfs


Der Kupferbedarf wird unabhängig vom dominanten Motorentyp wachsen, da alle Elektromotoren und deren Leistungselektronik Kupfer benötigen. Geht man wiederum von einer jährlichen Wachstumsrate der Elektromobilität von 26% aus und einer verbauten Kupfermenge von 30kg pro Fahrzeug, so würde der Anteil der Elektromotoren an der weltweiten Kupferproduktion von derzeit 0,06% bis in Jahr 2030 auf 21,13% steigen (vgl. Abbildung 9)


Bedarf an Kupfer.jpg Abbildung 2: Erwarteter Anstieg des Kupferbedarfs



Zukunft

Zur jetzigen Zeit lohnt sich ein normales Auto in der Golfklasse mit einer Fahrleistung von 12.000km pro Jahr sowohl als Plug-In-Hybrid als auch als reines Elektrofahrzeug erst ab 3€/l Benzinpreis. Dies wird durch die noch hohen Kosten für den Akku und den Antrieb (100€/kW, zum Vergleich durchschn. Verbrenner: 50€/kW) verschuldet [2]. Sollte sich in der Automobilindustrie jedoch ein Motorentyp durchsetzen, so ist davon auszugehen, dass durch die höhere Produktionszahl, als auch durch die weiterentwickelte Technik, der Preis für diese Antriebe deutlich sinken wird. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die Entwickler die Rohstoffsituation in ihre Konzepte mit integrieren und somit auf Motoren setzen, welche entweder vollkommen unabhängig (Reluktanzmotor) oder nur geringfügig abhängig (Asynchronmaschine) von seltenen Erden sind. Ingenieure haben bereits effiziente Reluktanzmotoren entwickelt, welche gänzliche ohne Dauermagnete auskommen und damit auch ohne seltene Erden. Anstatt der teuren Permanentmagnete werden hier Spulen eingesetzt, welche erst magnetisch werden, wenn Strom durch sie fließt. Somit ist dieser Motor sowohl billiger, als auch energieeffizienter [7]. Unausweichlich scheint jedoch ein rasanter Anstieg des Kupferbedarfs zu sein, dessen Bewältigung ebenfalls eine Herausforderung darstellen wird [3], jedoch nicht ganz so kritisch zu betrachten ist, wie der Anstieg des Bedarfs an seltenen Erden. Ein weiteres Problem stellt das Einsatzgebiet des Fahrzeugs dar: bei normalen Temperaturen (um 20°C) hat ein Elektroauto ungefähr eine Gesamteffizienz von 40 % (von der Produktion des Stroms bis zum direkten Verbrauch im Fahrzeug). Der Verbrennungsmotor hat eine Effizienz von etwa 25 % (von der Förderung bis zum Verbrauch im Auto). Auf der Autobahn, an einem kalten Tag, ist es genau umgekehrt: der Wirkungsgrad des Elektrofahrzeuges liegt eher bei 30 % und der des Verbrenners bei 40 %. so dass das Elektrofahrzeug auf Langstrecken energetisch derzeit eigentlich keinen Sinn ergibt [2]. Dies liegt jedoch nicht an den Elektroantrieben sondern am jeweiligen Strommix (Verknüpfung) und der Speichertechnologie (Verknüpfung)


Quellen

[1] A. Kapmker et.al. [Hrsg.], „Eletromobilität: Grunlagen einer Zukunftstechnologie“, Springer Verlag, Berlin 2013

[2] M. Lienkamp, „Elektromobilität – Hype oder Revolution?“, Springer Verlag, Berlin, 2012

[3] H. Wallentowitz, „Strategien zur Elektrifizierung des Antriebsstranges“, Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden, 2011

[4] R.F. Hüttl et.al., „Elektromobilität – Potenziale und Wirtschaftlich-Technische Herausforderungen“, Springer Verlag, Berlin, 2010

[5] J. Larminie und J. Lowry, „Electric Vehicle Technology Explained”, John Wiley & Sons Ltd. , Chichester (UK), 2012

[6] Ressourceneffizienz und ressourcenpolitische Aspekte des Systems Elektromobilität (http://www.oeko.de/oekodoc/1334/2011-449-de.pdf

[7] http://www.zeit.de/auto/2013-02/elektromotor-technik